Die Historie des Frankenthaler Schwimmvereins (1945 – 1984)

Neubeginn

Wie es nach dem Krieg in Frankenthal aussah, wissen sicher noch einige, die anderen haben schon viel darüber gehört. Das Leben mußte aber weitergehen. Es ging auch weiter. Außer der normalen Arbeit, die erst sehr zögerlich anlief – es gab zeitweise keinen Strom und es fehlte an Materialien – stand die Beschaffung der Lebensmittel im Vordergrund. Dies geschah auf vielerlei Art. Aber die Suche nach der Gemeinschaft, nach alten Freunden, trieb die jungen Leute zum Sport. Das Nächstliegende war das Strandbad, schon immer eine Begegnungsstätte der Jugend. Schon bald war der Grünstreifen an der Nordwestseite des Bades bei der Ruhenden (Steinplastik), die dort aufgestellt war, der Treffpunkt alter Schwimmer und junger Schwimmsportbegeisterter. Zuerst war der Weiher noch gesperrt. Die Gebäude im Bad und die Wettkampfbahn waren zerstört. Die strengen Vorschriften der Besatzungs-macht wurden allmählich gelockert. Man konnte wenigstens wieder baden.

Das ging so bis Mitte 1946. Die Heimkehrer und die jungen Interessierten trafen sich mit den „Alten“ des ehemaligen Vereins und beschlossen, den Verein wieder zu gründen. Die Gründungsversammlung wurde bei der Militärregierung für den 16. Juni beantragt, von dort genehmigt und auch dann in der „Kaiserglocke“ durch-geführt. Die Anwesenheitsliste von damals weist 33 Namen nach, von denen noch heute folgende in der Mitgliederliste verzeichnet sind: Kurt Dackermann, Lilo Fries (Meißner), Irmgard Klag (Eckhartt), Emmi Landkocz, Adolf Meißner, Seppl Posse und Waldemar Spohrer. In die Vorstandschaft wurden gewählt und der Mili-tärregierung gemeldet (so verlangte es die Vorschrift): 1. Vorsitzender Jakob Dietrich, 2. Vorsitzender Willy Schwerdt, Schriftführerin Emmi Landkocz, Kassier Kurt Dackermann, Techn. Leiter Paul Schmitt, 1. Schwimm- -und Wasserballwart Hans Rauch, Damenschwimmwartin Liesel Zais, Materialwart Adolf Meißner. Damit war nun der Frankenthaler Schwimmverein wieder gegründet und begann zu leben. Natürlich waren viele Anfangsschwierigkeiten zu überwinden. Es gab kein Zuhause und keine ordentlichen Trainingsmöglichkeiten. Von Wett-kampf konnte keine Rede sein. Es kam ein harter Winter, aber man suchte alle Möglichkeiten zu nutzen, dem Sport für das kommende Jahr eine Grundlage zu schaffen.

Am 1. 2.1947 fand schon die erste Mitgliederversammlung statt. Neben der Entstehungsgeschichte des Vereins von 1897, die Herr Föbel den neuen Mitgliedern vortrug, wollte man auch an die Arbeit gehen, den neuen Verein aufzu-bauen. Man hat sich damals viel vorgenommen. Die Aktivitäten begannen sehr vielseitig. Weil zunächst im sportlichen Bereich nichts unternommen werden konnte, verlegte man sich darauf, den Verein bekannt zu machen und Mitglieder zu werben. Mit einer gewissen Portion Wagemut und Optimismus veranstaltete man als erstes einen Rosenmontagsball in Mörsch. Der Erfolg ermunterte zu weiteren Taten. Ein Frühlingsball folgte. Dann kam der Sommer, man konnte nun an den Sport denken. Schon in diesem ersten Jahr wurden Schwimmwettkämpfe in Ludwigshafen, Pirmasens, Landau, Neustadt, und Grünstadt besucht. Die Anfahrten waren oft abenteuerlich. Mit dem Zug war noch die normalste Beförde-rungsart. Mit dem Holzvergaser-LKW auf Bänken sitzend und sogar mit dem Pferdefuhrwerk erreichte man die Austragungsorte. Dies oft nur, wenn es gut ging, mit einem Stück trockenem Brot in der Tasche. Man war aber in Gesell-schaft und trotz allem immer guter Dinge. Ein Großereignis stand im kommenden Jahr bevor.

Am 10. 8.47 sollte das Jubiläumsschwimmfest, aus Anlaß des 50jährigen Bestehens des FSV steigen. Was dafür alles getan werden mußte, füllt Ordner. Zuerst mußten einmal die Voraussetzungen geschaffen werden. Es gab keine Wettkampfbahn. Es mußten alle Hebel in Bewegung gesetzt werden, daß die Anlage von der Stadt hergerichtet wurde – die Pontons für die Start-brücke mußten zusammengeschweißt werden, an der richtigen Stelle und in der richtigen Distanz befestigt und mit Holzbelag versehen werden. Das wurde geschafft. Welche Vereine bestanden schon wieder, wen konnte man einladen? Alles Fragen die zu klären waren. Was war mit den befreundeten Vereinen in der amerikanischen Besatzungszone? Es war schon soweit, daß von Mannheim, Heidelberg, Darmstadt und Frankfurt Zusagen da waren, aber nachher wurde von Baden Baden von der Besatzungsmacht, keine Starterlaubnis gegeben. Viele, auch heute noch befreun-dete Vereine wie Grünstadt, Kirchheimbolanden, Ludwigshafen, Neustadt, Speyer und Worms kamen. Es war sicherlich nicht nur das Eintopfessen, das in Aussicht gestellt war, der Beweggrund zum Kommen. Was aber gerade dies Eintopfessen bedeutete läßt sich in der heutigen Zeit kaum nachvollziehen. Die Probleme darum zu schildern würde den Rahmen dieser Schrift sprengen. Im Nachhinein war es ein gelungenes Fest und noch vielen Teilnehmern von damals, eine schöne Erinnerung. Es war aber und ist noch heute ein Beweis dafür, was in einer intakten Gemeinschaft alles geschaffen und verkraftet werden kann. So war es allgemein bei den Schwimmwettkämpfen, welche die kleine FSV-Mannschaft besuchte. Eßgeschirr und Bestecke waren vorsorglich mal mitzubringen. Der darauffolgende Winter, wo keinerlei Trainingsmöglichkeiten waren, wurde wieder überbrückt mit gesellschaftlichen Veranstaltungen. Diese Veranstaltungen galten nicht ausschließlich dem Vergnügen.

Sie brachten mit ihren Überschüssen auch Gelder ein, die neben den laufenden Kosten, auch Rücklagen bildeten für spätere Vorhaben. So brachte zum Beispiel der Maskenball 1948 einen Reingewinn von immerhin 3000,- RM ein. Im Sommer stand das erste Interzonenschwimmfest an. Es fand bei guter Beteiligung, auch rechtsrheinischer Vereine wie Mannheim, Heidelberg, Darmstadt usw. statt. Zum erstenmal wurde der legendäre „Jakob-Isemann-Gedächtnis-Pokal“ ausgeschwommen und im spannenden Wettkampf von der Herren-Bruststaffel des FSV gewonnen. Zahlreiche Schwimmfeste wurden von der jungen Mannschaft auswärts besucht. Im Winter bekam man Gelegenheit, im Herschelbad zu trainieren. Alle 14 Tage wurde ein LKW gechartert der den Transport besorgte. Je aktiver der Verein wurde, er zählte nunmehr bereits 200 Mitglieder, um so näher rückte das Problem der Umkleidemöglichkeit am Strandbad. Das heißt also einer Unterkunft. Der Gedanke an ein Vereinsheim war geboren.

Erste Fühler bei den zuständigen behördlichen Stellen wurden ausgestreckt. Zum Beispiel bei der Stadtverwaltung, wegen des Grundstücks im Strandbad. Es muß dazu gesagt werden, daß die Verwaltung der Sache recht positiv gegenüber stand. Beim Verband, der zwischenzeitlich auch entstanden war, ging es um Gelder, die aus Totomitteln für solche Zwecke zur Verfügung gestellt wurden. Die Vorstandschaft wurde nicht müde, sich um diese Dinge zu kümmern. Endlich stand dem Baubeginn nichts mehr im Wege. Es zeigte sich, daß der Verein eine echte Gemeinschaft geworden war. Viele freiwillige Helfer beteiligten sich an der Arbeit, die oft nicht leicht war. Man lacht heute noch über den Transport der Hohlblocksteine. Einzeln, auf dem Gepäckständer der Fahrräder, wurden die Steine vom Eingang zur Baustelle befördert. Am 16.5.1951 wurde zwar das Richtfest gefeiert, aber das Werk war noch lange nicht beendet. Fast gleichzeitig, und wenn man schon mal am Bauen war, wurde an der Sportbahn, mit viel Erdbewegung, eine Zuschauertribüne mit Stufen hergerichtet, die später dann auch viel Anklang fand.

Die Feste, die auch in der Folge noch gefeiert wurden, wie Fastnachts-, Frühlings- und Herbstbälle, halfen weiterhin, den Innenausbau und den verbliebenen Rest zu finanzieren. Noch lange Zeit mußte sich die Vorstandschaft bei ihren Sitzungen mit dem Thema Clubhaus befassen. Diese Veranstaltungen wurden zwar, in jährlichem Rhythmus, noch weiterhin durchgeführt, verloren aber zunehmend an Reiz. Die steigenden Kosten für die Säle und die Kapellen zwangen dazu, die Eintrittspreise zu erhöhen. Damit ließ der Zuspruch nach, und am Schluß kam finanziell nichts mehr dabei heraus. Die Arbeit lohnte sich nicht mehr. Dafür gewannen die Schwimmwettkämpfe in Frankenthal an Bedeutung. Die Attraktion war immer wieder der Kampf um den „Jakob-Isemann-Gedächt-nis-Pokal“. Einmal ging er an den SV Mannheim, dann aber konnten die Frankenthaler Brustschwimmer Willi Breßler, Fritz Klein, Kurt Meißner und Hans Rauch die Trophäe hierher holen. Bisher lag der sportliche Bereich in den bewährten Händen von Paul Schmitt und Fritz Römmich. Danach übernahm Kurt Dackermann die Regie. Die Wasserverhältnisse im Strandbad wurden allmählich immer schlechter. Es war fast nicht mehr zumutbar in diesem Wasser zu trainieren, geschweige denn Wettkämpfe darin zu veranstalten. Die auswärtigen Vereine weigerten sich, hierher zu kommen. Trotz alledem machten die Aktiven von sich reden, durch das Erringen regionaler wie auch überregionaler Meisterschaften. Es wird darüber an anderer Stelle ausführlich berichtet. Mit diesen Erfolgen gingen die Verantwortlichen hausieren und konnten, das kann mit einigem Stolz gesagt werden, damit den Stadtrat und die Verwaltung vermehrt zum Bau eines Wettkampfbeckens anregen. Es wurde damit für die Bevölkerung ja auch was getan. Die Stadt hatte außerdem dem FSV, nach der Erringung der Deutschen Meisterschaft durch die Mädchen, die „Schwimmerwiese“ beschert. Hinter dem Schwimmerheim wurde ein Teil der Liegewiese mit Hecken, also einem lebenden Zaun, abgeteilt und dem Verein zur Verfügung gestellt. Die Mitglieder konnten dort, buchstäblich mit Kind und Kegel, beisammen sein. Ein reges Vereinsleben entwickelte sich. Es konnte dort die Freizeit sehr sinnvoll mit der Familie verbracht werden.

1961 wurde das 50-m-Wettkampfbecken eingeweiht. In der Folge konnten wieder Wettkämpfe in Frankenthal durchgeführt werden. Die Schwimmerinnen und Schwimmer des FSV wurden leistungsstärker und gaben dadurch den Anreiz für namhafte Vereine zum „Nationalen“ nach Frankenthal zu kommen. Die Beteiligung wurde immer besser, und die Leistungen wurden anspruchsvoller. Olympiateilnehmer wie U. Brunner, U. Jakobsen, H. Klein, T. Beierlein, Hans Fasnacht, die Reimänner aus Hörde, um nur einige Namen zu nennen, kamen gerne hierher.

Erst recht attraktiv wurde das Frankenthaler Strandbad, als im Jahr 1967, in weitem Umkreis zum erstenmal, eine Wassererwärmungsanlage eingebaut wurde. Um den Aktiven noch bessere Trainingsmöglichkeiten zu bieten, wurde die Schwimmgemeinschaft mit dem LSV eingegangen. Sie brachte beiden Vereinen achtbare Erfolge. Der Leistungsanstieg war unverkennbar. Bedauerlich ist, daß solche Bestrebungen zur Leistungsförderung letztendlich am lieben Geld scheitern müssen. Zwischenzeitlich, nach vielen Bemühungen, auch von Seiten des Schwimmvereins, entstand nun auch in Frankenthal ein Hallenbad. Wieder einmal ein Beweis für die Aufgeschlossenheit der Stadt für die Belange des Sports, der Jugend und der Gesundheit. Auch der zweite Versuch, das Zusammengehen, der Leistungsspitze beider Vereine, zur Schwimmgemeinschaft „LUFRA“ brachte schöne Erfolge. Die Spitzenschwimmer hatten effektivere Trainingsmöglichkeiten. Aber der finanzielle Aufwand, für die verhältnismäßig wenigen Nutznießer, der auch zwangsläufig zur Vernachlässi-gung des Nachwuchses führte, wollte die Vorstandschaft nicht weiter verantworten. Man trennte sich wieder. Danach war und ist heute noch der Neuaufbau der Schwimmannschaft, das Programm. Erfreulich ist daher die Entstehung einer beachtlichen Seniorenmannschaft, wo sich jung gebliebene, frühere Leistungs-träger und weitere Interessierte, mit achtbarem Erfolg, eifrig ihrem Sport, widmen.

Auch schon früher waren die „Alten“ immer aktiv. Bei Seniorenwettkämpfen in Karlsruhe, Bad Cannstadt, Wertheim, Deidesheim, Grünstadt, Neustadt, Bremer-haven, Grafenau usw. waren die Frankenthaler am Start. Man traf dort Rivalen von früher und frischte alte Freundschaften auf. Durch Gustav Kollem vermittelt, waren mehrmals Begegnungen mit den Schwimmern und Wasserballern aus Bremer-haven zu unvergessenen Ereignissen geworden. Neben dem rein Sportlichen, hatte beim Frankenthaler Schwimmverein schon immer die Schwimmerfamilie und die Gemeinschaft einen hohen Stellenwert. Die schon weiter vorne erwähnte Schwimmerwiese war zur idealen Begegnungsstätte für jung und alt geworden. Die Möglichkeit sich da an den Wochenenden mit den Familien zu treffen und gemeinsam die Freizeit zu genießen, wurde gerne wahrgenommen. Die Kinder von damals bildeten später den Kern der Mannschaft. Dem Einfallsreichtum der jeweiligen Jugendleiter ist es zu verdanken daß die vielen Unternehmungen der Schwimmerjugend, auch außerhalb des Trainings und der Wett-kämpfe, das Gemeinschaftsgefühl und die Kameradschaft gefördert wurden. Da waren zum Beispiel Wochenendfreizeiten in Hertlingshausen, verbunden mit Wanderungen im Pfälzer Wald, oder auch Busfahrten nach Tripsdrill oder in den Odenwald. Auch Fahrten zu Wettkämpfen, die mit erlebnisreichen Besichtigungen und dergleichen verbunden waren. So mehrmals Thun und Bremerhaven, wo viele Eltern beteiligt waren und die Vereinsfamilie bildeten. Trainingslager mit Freizeiten in Innichen, in Ungarn, mehrmals im Schwarzwald in Jugendherbergen, wie sie auch heute noch durchgeführt werden. So müssen auch die kleinen Feiern, im alten wie auch nachher im neuen Haus, erwähnt werden. Zusammenkünfte zu Siegerehrungen mit anschließend Kakao und Kuchen. Nikolausfeiern mit Verteilung von Päckchen. Besonders sind zu erwähnen die recht gut besuchten Jahresabschlußfeiern in Freinsheim im Von Buschhof, deren Programm sehr anspruchsvoll von den Jugendlichen selbst gestaltet wurde. Für die Gemeinschaft wurde immer viel getan. Den Senioren fiel auch immer wieder was ein. Wenn Fritz Lang einlud und der „Dahlmanns Karl“ aufspielte, wackelte schon meist um 9 Uhr im Clubhaus die Wand.

Es ist wohl leicht zu verstehen wie groß der Schock war als es hieß das Haus muß abgerissen werden. Die Neugestaltung im Strandbad machte dies erforderlich. Die Vorstandschaft unter dem leider allzu früh verstorbenen Klaus Faß war aber eifrig bemüht sofort einen Ersatz zu schaffen. Über diesen sogenannten Ersatz wird im folgenden ausführlich berichtet.